Kurzkritik: Tenet

Sci-Fi/Action, 2020

Regie: Christopher Nolan; Darsteller: John David Washington, Kenneth Branagh, Robert Pattinson, Elizabeth Debicki

Worum gehts?
Im Fall von „Tenet“ eine klare Fangfrage. In ein paar Sätzen lässt sich das nicht beschreiben, was mich aber nicht davon abhält, es wenigstens zu probieren – ohne massiv zu spoilern Ein Agent bekommt den Auftrag, die Welt zu retten. Vor einer Bedrohung, die sagen wir mal „metaphysischer Natur“ ist. Oder pseudo-physikalischer. Es ist ein bisschen so, als käme ihm die Zukunft entgegen. Codename: „Tenet“. Egal. Jedenfalls muss dieser Agent die Bedrohung erst verstehen lernen, um ihr auf die Schliche kommen zu können. Konkret muss er mit einer indischen Waffenhändlerin und einigen Unterhändlern & (hoffentlich) Verbündeten einen Plan ersinnen, wie der ukrainische Trillionär Sator daran gehindert werden kann, die Welt zu zerstören.

Der Weg dorthin führt über London, die Amalfi-Küste, Oslo, Vietnam, Talinn und Siberien, wo der Gute auf einer Luxusjacht, einem Katamaran, auf halsbrecherischen Autoverfolgungsjagden, in einem vorgetäuschten Terroranschlag auf einen Flughafen und beim Angriff auf eine unterirdische sowjetische Geisterstadt beweisen muss, dass er es drauf hat. Zwischendurch fordert Michael Caine ihn auf, sich einen besseren Schneider zu suchen.

Was soll das?
Christopher Nolan hat einen ultra-coolen und ultra-stylishen Agententhriller gedreht – und den dann quasi als Zeitreisen-Drama direkt geremixed. In der Welt von „Tenet“ ist der Lauf der Welt auf den Kopf gestellt, und im Ergebnis sitzt man oft kopfkratzend da und probiert, sich einen Reim drauf zu machen. Zeitlich gegeneinander laufende Bildelemente (und Figuren) erschweren die Orientierung in den Actionszenen. Das ist Teil des Plans und technisch brilliant gelöst, ermüdet aber auch mächtig. Der maßlos brachiale Soundtrack erlaubt es nur selten, die Dialoge ungestört zu verfolgen, und zwischendurch gibt es immer wieder „Erklärungen“ für die aberwitzigen Phänomene, die es dabei zu bestaunen gibt.

Taugt das was?
Für jeden, der wie ich in Zeiten von Corona das ganz große Kino vermisst hat, ist „Tenet“ einen Blick wert. Nolans Talent für die virtuose Inszenierung von Action springt einem förmlich ins Gesicht (mein Favorit ist gleich die erste Szene in der Oper, die wie ein Bunker aussieht). „Tenet“ reiht sich ein in die allzu kurze Liste teurer Blockbuster, die etwas neues probieren, schon dafür muss man dankbar sein.

Gleichzeitg nervt vieles an dem Film. Der Soundmix ist so bekloppt, dass man alle fünf Sekunden zur Fernbedienung greifen muss und zudem Untertitel braucht, um die Dialoge verfolgen zu können. Das ist einfach nur unnötig. Die Story mit all ihren Kniffen ist mindestens genau so bescheuert wie sie clever ist. Und größere Teile der Handlung bzw. des Szenarios zerbröseln bei genauerem Hinsehen/Nachdenken zu erzählerischer Asche. Oder ergeben erst ganz am Ende einen Sinn, was den angestauten Frust der vorangegangenen zwei Stunden nur bedingt auffangen kann.

Nicht falsch verstehen: der Plot ist sehr akribisch konstruiert, und einige Kniffe machen richtig Spaß. Aber genau das ist eben auch der stärkste Eindruck – nicht die Charaktere treiben den Plot voran, sondern andersrum. Zwar passt das zum insgesamt klinischen und distanzierten Look & Feel von „Tenet“, aber es verhindert auch, dass die Figuren der Handlung ein emotionales Zentrum geben. John David Washington, Kenneth Branagh und Robert Pattinson können trotz dieser Tatsache durchaus überzeugen, einzig Elizabeth Debickis Figur ist so eindimensional, dass es beinahe weh tut.

3/5