Filmkritik: The Dark Knight Rises [keine Spoiler]

The Dark Knight RisesComic-Abenteuer, USA 2012

Regie: Christopher Nolan; Darsteller: Christian Bale, Michael Caine, Tom Hardy, Gary Oldman, Anne Hathaway, Joseph Gordon-Levitt, Morgan Freeman, Marion Cotillard

Es gibt wohl keinen Film in den letzten fünf Jahren, an den ein Massenpublikum ähnlich hohe Erwartungen hatte wie an „The Dark Knight Rises„. Würde Regisseur Christopher Nolan einen noch besseren Bösewicht als den Joker aus dem Hut zaubern können? Wird Batman/Bruce Wayne die finale Schlacht überleben? Dass man es überhaupt für möglich hält, dass am Ende vielleicht kein Happy-End steht, zeigt, wie sehr sich Nolan mit seinen Filmen von den altbekannten Formeln des Superhelden-Kinos entfernt hat. Nach seinem letzten Sieg gegen die Bösewichte Joker und Two-Face verließ Batman im Vorgängerfilm die Bühne nicht etwa als gefeierter Held, sondern als Sündenbock.

Die Story von „The Dark Knight Rises“ setzt acht Jahre nach diesem Showdown ein. Bruce Wayne hat das Kostüm an den Nagel gehängt, lebt das Leben eines Einsiedlers und trauert um seine geliebte Rachel. Gotham City verehrt Harvey Dent (aka Two-Face) als den Mann, der das Verbrechen in der Stadt erfolgreich bekämpfte. Einzig Jim Gordon kennt die Wahrheit, doch er traut sich nicht, das Denkmal Harvey Dent zu zerstören und damit die Erfolge der vergangenen Jahre zu gefährden. Dann betreten mit dem monströsen Schurken Bane (Tom Hardy), der eleganten Diebin Selina (Anne Hathaway) und dem jungen Cop Blake (Joseph Gordon-Levitt) neue Figuren die Szenerie, während Wayne Enterprises kurz vor der Pleite steht.

Etwas überraschend hat Batman selbst nicht sonderlich viele Auftritte in „TDKR“, im Focus steht Bruce Waynes Ringen mit der eigenen Legende – und dem möglichen Ende seiner Zeit als Batman. Christian Bale ist als Charakterdarsteller stark genug, um Waynes innere und äußere Qualen auf der Leinwand sichtbar zu machen, leider gehören die entsprechenden Szenen in der Mehrheit nicht zu den besten des Films. Seine Auftritte als Batman bleiben dem bisherigen Stil der Reihe treu, wobei hier mehr Figuren als zuvor von der wahren Identität des Superhelden wissen. Der große Showdown mit Bane ist dabei – ohne zuviel zu verraten – sehr bodenständig ausgefallen und endet mit einer wie ich finde gelungenen Überraschung.

Mit Bane dominiert ein völlig anderer Bösewicht die Handlung als in den vorigen Filmen. Mit einer Atemmaske vor dem kahlrasierten Schädel und bepackt mit grotesken Muskelbergen spielt Tom Hardy ihn als eine unkontrollierbare Naturgewalt mit bedrohlich-verzerrter Stimme. Während der Joker Batman mit perfiden Psychospielchen zu Fall bringen wollte ist Bane entschlossen, ihn mit brachialer Gewalt platt zu machen. Sein eigentliches Ziel ist aber gar nicht Batman selbst, sondern dessen Heimatstadt: das vom Joker angerichtete Chaos ist fast harmlos im Vergleich zu seinen Plänen mit der gepeinigten Metropole.

Anne Hathaway macht einen sehr guten Job, und dass nicht nur, weil sie im hautengen Latexanzug verdammt gut aussieht. Ihre Figur Selina/Catwoman bekommt im Film keine typische Einführung, ihre Backstory bleibt weitgehend ungeklärt. Sie betritt früh als meisterhafte Diebin und Einzelkämpferin die Handlung, deren Motive aber lange im Argen bleiben. Das bewahrt die Figur unter anderem davor, nur als langweiliger Sidekick den Helden zu begleiten. Dass Selina einige der besten one-liner des Drehbuchs zum Besten geben darf ist natürlich auch kein Nachteil. Hier zeigt der Film tatsächlich (leichten) Humor, wo vorher nur die fiesen Scherze des Jokers waren.

Die üblichen Verdächtigen in Person von Commissioner Gordon (Gary Oldman), Lucius Fox (Morgan Freeman) , Lucius Fox (Morgan Freeman) und Butler Alfred (Michael Caine) sind natürlich auch wieder dabei. Wirklich bemerkenswerte Momente haben allerdings nur Alfred und Gordon. Neu eingeführt werden neben Catwoman auch der junge Cop Blake (Leser der Comics wissen, wohin dessen Reise führt) und Miranda Tate (Marion Cotillard), eine reiche Investorin, die – kleiner Spoiler – doch tatsächlich mit Bruce Wayne im Bett landet.

Die größte Schwierigkeit, mit der „TDKR“ zu kämpfen hat, ist die sprichwörtliche Quadratur des Kreises: wie kann eine Superhelden-Saga enden? Es gibt keinen Präzedenzfall im Kino, noch nie hat jemand eine Comic-Reihe wirklich beendet, nach dem letzten Film ist immer vor dem nächsten Film gewesen – siehe etwa das Reboot von „Spider-Man“ nach dem missratenen dritten Teil. Das Problem ist dabei vor allem, dass das Universum eines Comic-Helden vor allem eine ewige Prämisse ist, in der immer neue Figuren auftauchen können und müssen. Ein Ende ist dabei nicht vorgesehen. Nicht jedem wird Nolans „Lösung“ dieses Problems gefallen (mir zum Beispiel nur bedingt), denn er bedient sich am Ende eines durchaus bekannten Kniffs der Filmgeschichte.

Anders als „The Dark Knight“ in den ersten 100 Minuten ist die erste Hälfte des 164 Minuten langen „TDKR“ nicht so flüssig und durchgehend unterhaltsam geraten. Der Film hat locker ein halbes Dutzend Erzählstränge am Wickel, ein richtiger Erzählfluss kommt aber zunächst nicht auf. Erst wenn zur Halbzeit die Fronten einigermaßen geklärt sind kommt richtig Bewegung in die Sache. Bei den Actionszenen bleibt Nolan seiner Linie treu und verlässt sich weitgehend auf CGI-freie Verfolgungsjagden, Explosionen und Schießereien. Die Ausnahme bildet dabei ein Gefährt namens „The Bat“, eine extrem wendige Mischung aus Flugzeug und Helikopter, die auch im großen Finale dabei ist, wenn Gotham City halb in Trümmer liegt und das sprichwörtliche Ende naht. Funktionieren tun die meisten Actionsequenzen vor allem, weil sie mit so immenser Bedeutung aufgeladen sind (was der Soundtrack mächtig dröhnend untermauert).

Die gewaltigen Erwartungen, die an „The Dark Knight Rises“ gestellt wurden, kann der Film nur zum Teil erfüllen. Das Duell zwischen dem Joker und Batman bleibt das beste der Trilogie. Bane funktioniert als Bösewicht keineswegs schlecht, doch seine Backstory ist leider nicht sonderlich überzeugend – das sage ich wohl gemerkt als jemand, der von den Comics keine Ahnung hat. Was der Film allerdings mit wenigen Ausnahmen schafft, ist der Reihe ein würdiges Finale zu geben und sie tatsächlich ziemlich konsequent zu beenden. Dabei funktioniert er in der zweiten Hälfte auch für sich genommen (mit wenigen Ausnahmen) als recht brachialer Actionfilm von sehr hoher Intensität. Mit Catwoman kommt zudem ein wenig Humor und ein Anflug von Erotik in das ansonsten bierernste Spektakel, was „TDKR“ gut steht. Das große, dunkle Epos hat also ein Ende gefunden. Man darf gespannt sein, ob mit diesem Film und zuletzt „The Avengers“ wirklich ein neues Kapitel des Superheldenkinos beginnt – oder ob die beiden Filme nicht auf ihre ganz eigene Weise einen (vorübergehenden) Schlussstrich unter dieses Kapitel gezogen haben.

4/5

PS: Ein paar abschließende Gedanken von mir zu „TDKR“ (mit Spoilern) gibt es in diesem Beitrag. Eine sehr gute abschließende Analyse der Trilogie hat US-Filmkritiker Roger Ebert geschrieben, nachzulesen hier.