Kurzkritik: The Irishman

Gangsterdrama, 2019

Regie: Martin Scorsese; Darsteller: Robert De Niro, Al Pacino, Joe Pesci

Worum gehts?
Um die Geschichte des Gewerkschaftsfunktionärs und Mafiosis Frank Sheeran (De Niro), von den 50er Jahren bis ins neue Jahrtausend. Erzählt aus der Sicht von Sheeran selbst, basiert er auf dessen in „I Heard You Paint Houses“ niedergeschriebenen Erinnerungen – die keinesfalls unbestritten sind. Sheeran gesteht darin unter anderem den Mord am berühmt-berüchtigten Gewerkschaftsboss Jimmy Hoffa, der in „The Irishman“ von Al Pacino verkörpert wird.

Was soll das?
„The Irishman“ bringt viele bekannte Zutaten von Scorseses berühmten Gangsterdramen mit, erinnert oft insbesondere an „Goodfellas“ und „Casino“. Doch der Regisseur verfolgt hier offensichtlich einen etwas anderen Ansatz. Der Film ist deutlich interessierter an der „bottom line“ am Ende eines Gangsterlebens – sofern es nicht (wie sehr viele in „The Irishman“) vorzeitig und abrupt zu Ende geht. Schon durch die narrative Struktur ist der Rückblick das zentrale Element.

Taugt das was?
Ja. Scorsese ist ein beeindruckendes Spätwerk (der Mann ist 77 Jahre alt) gelungen. Scorsese, der für seine Abneigung gegen am Computer gefertigte Spezialeffekte bekannt ist, lässt hier gleich drei ungefähr gleichaltrige Schauspiel-Legenden digital verjüngen. Was insgesamt hervorragend funktioniert, von wenigen Ausnahmen (meist in den Augen der Akteure zu erkennen) abgesehen. Vor allem aber lenken die digitalen Effekte nicht von der ausladenden (dreineinhalb Stunden langen) Story ab, welche – ähnlich wie Oliver Stones „JFK“ – eine spannende, aber hoch spekulative Neu-Interpretation eines beinahe sagenumwobenen Abschnitts US-amerikanischer Geschichte bietet.

Sonst noch was?
„The Irishman“ war mit einem Budget von 159 Millionen Dollar (Quelle: IMDb) kein günstiges Unterfangen. Finanziert wurde der Film von Netflix, wobei man den Film bereits vor dem Start auf der Streaming-Plattform auch in die Kinos gebracht hat. Ich habe ihn sehr gerne zuhause gesehen, frage mich allerdings, womit – wenn nicht hiermit – Hollywood ein erwachsenes Publikum eigentlich noch in die Kinos locken will. Aber wahrscheinlich haben die Studios diesen Kampf längst verloren gegeben…

4/5