Filmkritik: Mission: Impossible – Phantom Protokoll

Mission Impossible - Phantom ProtokollWarum wir hier in Deutschland den inzwischen vierten „Mission: Impossible“-Teil nicht unter dem Originaltitel „Ghost Protocol“ serviert bekommen, sondern als „Phantom Protokoll“, weiss ich nicht so recht. Sei es drum, viel wichtiger ist, dass der Film locker der beste aus der Reihe ist seit Brian De Palma anno 1996 den ersten Teil inszenierte. Obwohl „Ghost Protocol“ nicht ohne Schwächen ist gehört er zu den besten Action- und Agentenfilmen der letzten Jahre und ist gleichzeitig (neben „Hangover 2“) der beste Blockbuster des laufenden Jahres.

Der Film beginnt rasant mit einer Agenten-Operation in Budapest, gefolgt von einem spektakulären Gefängnis-Ausbruch in Moskau, einem nicht minder spektakulären Einbruch im Kreml, der verheerende Folgen hat – und damit geht es für Top-Spion Ethan Hunt (Tom Cruise) erst richtig los. Sein Team besteht aus dem Computer-Spezialisten Benji (Simon Pegg, der für eine Menge Lacher sorgt), Agentin Jane (Paula Patton) und Brandt (Jeremy Renner), einem Geheimdienst-Analysten. Ihre Mission ist keine geringere als das Verhindern eines globalen Atomkriegs, den Terroristen mithilfe gestohlener russischer Abschuss-Codes auslösen wollen.

Cruise, der als Produzent bei der Reihe entscheidenden Einfluss ausübt, hat sich mit Regisseur Brad Bird den richtigen Mann ins Boot geholt – obwohl der vorher ’nur‘ Trickfilme inszeniert hat, namentlich „The Incredibles“ und „Ratatouille“. „Ghost Protocol“ ist rastloses und überraschend witziges Bewegungskino, dass haarsträubende Stunts und Verfolgungsjagden mit für den die Filmreihe typischen Verwirrspielen um die wahre Identität von Freund und Feind verbindet. Der fast vollständige Verzicht auf am Computer generierte Spezialeffekte ist ein großes Plus, der Film verlässt sich auf solide bis atemberaubende Stunts und Actionszenen.

Von der dramatischen Form her orientiert sich der Film durchaus am ersten Teil, er lässt sich recht ähnlich in größere Story-Blöcke aufteilen. Moskau, Dubai, Bombay, dazwischen nur das nötigste, um die Story am Laufen zu halten. Das funktioniert vor allem deshalb, weil man sich für alle drei Stationen richtig gute (Action-)Szenen ausgesucht hat, die klassische Agentenfilm-Motive aufgreifen und charmant variieren. Weil die Szenen in Bombay nicht ganz das Niveau von Moskau und Dubai erreichen machen die ersten etwa 90 Minuten von „Ghost Protocol“ etwas mehr Spaß als das Finale. Aber das heisst keinesfalls, dass das Ende nicht funktionieren würde.

Mit Jeremy Renner als Brandt führt die Reihe einen überzeugenden neuen Agenten ein, eine gute Entscheidung von Cruise, nicht als alleiniges Alpha-Tier unterwegs zu sein. Dass Cruise es auch schafft seine Figur ein wenig auf die Schippe zu nehmen fällt ebenfalls positiv auf. Paula Patton ist als toughe Agentin gut besetzt, Simon Pegg funktioniert glänzend als ‚comic relief‚ und Computer-Nerd vom Dienst.

Eine Schwäche des Films ist dagegen die Story selbst, allerdings nur insofern, als dass sie vor lauter Rastlosigkeit und Konzentration auf die vier Agenten keine Zeit (und/oder keine Lust) hat, sich ernsthaft mit dem Bösewicht zu beschäftigen. Der ist deshalb eher ein klassischer McGuffin, was sicher besser ist als eine schlecht entwickelte Figur. Der Humor des Films ist ein großes Plus, fällt aber der recht düsteren Geschichte natürlich ein wenig in den Rücken – auch das ist aber nicht tragisch.

Am Ende macht „Ghost Protocol“ die Tür zu einem fünften Teil weit auf, was aber niemanden wirklich überraschen wird. Und in dieser Form können Cruise und Kollegen auch sehr gerne wiederkommen. Bevor es soweit ist werden die Macher des neuen Bond-Films („Skyfall“ kommt im November 2012) hoffentlich auf ähnlichem Niveau nachlegen können – einen trockenen Streifen wie „Quantum of Solace“ wird man ihnen sicher nicht mehr so einfach vergeben…

4/5

PS: Ich habe die 2D-Fassung des Films gesehen, gut möglich dass zumindest die Szenen am Wolkenkratzer „Burj Khalifa“ in 3D noch besser funktionieren.