Stay (DVD)

Seit einigen Jahren haben Filmfans und Kritiker ein neues Genre entdeckt, es hört auf den Namen „Mindfuck“. Typisch für diese Art Film ist, daß ein oder mehrere Charaktere gar nicht wirklich existieren, oder aber aus anderen Realititätsebenen kommen. Siehe etwa „Fight Club“, „The 6th Sense“ oder auch „Die üblichen Verdächtigen“. Brad Pitt ist eine Erscheinung in Edward Nortons müdem Gehirn, Bruce Willis ist längst tot. Bei den „Verdächtigen“ liegt der Fall schwieriger, denn das Ende offenbart vor allem, daß nichts von dem, was der Film zeigt (alles ja basierend auf Verbal Kints Aussagen) überhaupt passiert sein muss. Marc Forster, bekannt geworden durch die Dramen „Monster’s Ball“ und „Finding Neverland“, hat mit „Stay“ nun seinen eigenen Beitrag vorgelegt. Der Psychologe Sam Foster (Ewan McGregor) übernimmt von einer Kollegin den Fall eines jungen Patienten. Henry (Ryan Gosling) ist Kunststudent, der für den nächsten Samstag seinen Selbstmord plant. Sam versucht in mehreren Gesprächen dahinter zu kommen, was den Jungen dazu treiben könnte. Aber anstelle logischer Antworten bekommt er Widersprüchliches zu hören und verliert zunehmend den Überblick. Welche Rolle spielt der Unfall auf der Brooklyn Bridge? Sind Henrys Eltern nun tot? Wenn ja, welche verwirrte, einsame Hausfrau wohnt dann im Haus der Familie? Nach einigen zunehmend mysteriöser werdenden Erlebnissen hat Sam nur noch eines im Kopf. Er will das Rätsel lösen, doch dazu muss er zunächst Henry ausfindig machen, dessen Freitod immer näher rückt.

Um seine verwirrende Handlung an den Mann zu bringen, bedient sich „Stay“ einiger Tricks. Schiefe Kameraeinstellungen erzeugen Unwohlsein, kurze Zeitsprünge und die kühlen Bilder sorgen zudem für Beklemmung. Moderne, beinahe futuristische Architektur dient als Hintergrund, vor allem zu Beginn der Geschichte. Der Film ist dabei durchgängig sehr ansehnlich, doch grundsätzlich steht und fällt der Film mit der Bereitschaft des Publikums, sich auf den „Mindfuck“ einzulassen oder nicht. Nur wenige Zuschauer werden gleich nach Ende des Films alles begreifen (sofern man davon sprechen kann), es erfordert Nachdenken und Nerven, das Rätsel zu entwirren. Vergleiche mit David Lynchs „Mulholland Drive“ drängen sich auf, doch sind hier die Charaktere weit weniger interessant, auch erreicht „Stay“ nicht die gleiche Intensität.

Wenn man das Ende des Films ein wenig hat auf sich wirken lassen, bleibt – wie ich finde – nicht sonderlich viel übrig. Das Drehbuch ist clever, die Schauspieler geben ihr Bestes, doch richtig überspringen wollte der Funke weder während des Films noch danach. Denn ein wenig erinnert „Stay“ an den ungleich unterhaltsameren „Die üblichen Verdächtigen“. Wenn die Katze erstmal aus dem Sack ist, verflüchtigt sich das vorige Geschehen fast wie von selbst. Tragisch ist das aber nicht. Wer komplexe Psychothriller (so kann man den Film wohl auch bezeichnen) mag, der kommt auf seine Kosten. Wer schon mit den oben genannten Filmen Probleme hatte, der kann es auch einfach sein lassen.

6/10