Filmkritik: Lucy

Lucy PosterAction, Frankreich 2014

Regie: Luc Besson; Darsteller: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Min-sik Choi

Die Prämisse von „Lucy“ ist faszinierend und verdächtig zugleich. Eine junge Frau bekommt unabsichtlich eine Dosis einer Wunderdroge verabreicht, die es ihr erlaubt, ihr Gehirn-Potential (in Ermangelung eines besseren Begriffs) voll auszuschöpfen. Wir Menschen, so erfährt der Zuschauer zu Beginn durch eine plumpe, von Dan Browns Romanen abgekupferte Erzähltechnik (erstaunliche Dinge passieren und werden parallel in einer Uni-Vorlesung erklärt), können nur knapp 10 Prozent unserer möglichen Gehirnleistung abrufen. Titelfigur Lucy (Johansson) ist im Laufe der Handlung auf dem Weg zu den vollen 100 % – sie wird also unfreiwillig zum ‚Übermenschen“.

Faszinierend ist das alles, weil es wohl annährend irgendwie sogar stimmt. Und weil die Idee, eine von Scarlett Johansson gespielte Actionheldin dabei zu beobachten, wie sie unglaubliche Kräfte und Fähigkeiten gewinnt, für 90 unterhaltsame und vergnügliche Minuten Film ausreichen sollte. Verdächtig ist, dass diese Prämisse gleichzeitig auch totaler Schwachsinn ist und Regisseur Luc Besson nicht dafür bekannt ist, besonders plausible Geschichten zu erzählen.Das Ergebnis lässt sich ungefähr so beschreiben: „Limitless“ und „Crank“ haben einen tragischen, leider nur bedingt komischen Unfall, den beide nicht überleben.

Von „Limitless“ leiht sich „Lucy“ die Idee, einem Menschen mithilfe von Drogen zu mehr Leistung und Intelligenz zu verhelfen. Doch was da stimmig und glaubwürdig genug inszeniert wurde, um Fundament für ein (begrenzt stichhaltiges) Drama zu sein, wird hier in derart übertriebener Form verabreicht, dass Kategorien wie innere oder äußere Logik keine Rolle spielen können.

Wie „Crank“ dreht „Lucy“ den Spektakel- und Scheiss-Drauf-Regler auf mindestens 12. Anders als „Crank“ liefert er aber keine (oder mindestens nicht genug) aberwitzige Actionszenen, die soviel Spaß machen, dass man gerne drüber hinwegsieht. Und es fehlt auch die Selbstironie – stattdessen wird es übelst platt und bescheuert, bei nur geringen Dosen beabsichtigter Komik.

Was „Lucy“ beinahe rettet, sind die Dynamik und Explosivität des Geschehens – die aber immer mehr versprechen, als sie halten können. Auch zeigt Scarlett Johansson, dass sie genug Leinwandpräsenz, Charisma, Sex-Appeal und Action-Credibility besitzt, um die wohlwollende Aufmerksamkeit mindestens des männlichen Publikums zu gewinnen (wobei Präsenz und Charisma im ungleich besseren und unvergleichbaren „Under the Skin“ bedeutend besser zur Geltung kamen).

Doch am Ende reicht beides nicht, um aus „Lucy“ mehr als einen sinnlos-bekloppten, kurzweiligen (und mit knapp 90 Minuten tatsächlich kurzen) Film zum machen. Die Spezialeffekte von an der Decke zappelnden Menschen, wiederholt explodierenden Synapsen sowie Bildern vom Urknall und dem aller-aller-ersten „Planet der Affen“ sind eher mau, die Story nicht der Rede wert, ganz zu schweigen von den „naturwissenschaftlich-philosophischen“ Aspekten, die immerhin für ein paar unfreiwillige Lacher sorgen.

Fazit: Für Freunde des gepflegten Trashfests (vgl. „300 – Rise of an Empire“) gibt es hier etwas zu gewinnen. Der Rest konzentriert seine 10 % Gehirn-Kapazität besser auf andere, lohnenswertere Dinge.

2/5

Anders ausgedrückt: Ich hatte mich drauf eingestellt, dass „Lucy“ mindestens Story-technisch letztlich nur in Richtung Quatsch gehen würde. Aber mit so einem Blödsinn habe ich wahrlich nicht gerechnet..echt jetzt mal.