Filmkritik: Hitchcock

Hitchcock FilmposterBiographie/Comedy, USA 2012

Regie: Sacha Gervasi; Darsteller: Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Michael Stuhlbarg, Jessica Biel, Toni Collette, James D’Arcy

Das Offensichtliche zuerst. Nein, Anthony Hopkins sieht nicht aus wie Sir Alfred Hitchcock. Auch unter einer dicken Schicht Makeup und mit künstlicher Plautze nicht, wobei er ihm so schon ähnlicher wird. Das macht aber im Falle von „Hitchcock“ nichts, es ist trotzdem eine ziemliche Freude, Hopkins zuzusehen. Und er spielt ja nicht die einzige interessante Figur in diesem Film, der den britischen Meisterregisseur auf dem Höhepunkt seiner Karriere 1959/60 zeigt.

Der Film von Newcomer Sacha Gervasi erzählt von der schwierigen Entstehungsgeschichte von „Psycho“. Die perfide Horrorstory gefällt den Studiobossen nicht, und dann soll auch noch die berühmte Hauptdarstellerin nach einem Drittel der Laufzeit sterben – kommerzieller Selbstmord, so das Urteil der Branche. Hitch überzeugt trotzdem Janet Leigh (S. Johanson) zum Mitmachen, in Anthony Perkins (J. D’Arcy) findet er einen begabten Schauspieler für die Rolle des Norman Bates. Die Finanzierung stemmt er dann unbeirrbar einfach selbst.

Neben Produktion und Dreh von „Psycho“ behandelt der Film zudem die Beziehung zwischen Hitchcock und seiner Frau und kongenialen Partnerin Alma Reville. Von Spannungen in ihrer Ehe zu sprechen wäre schon wegen der zahlreichen Spleens des Perfektionisten Hitchcock eine Untertreibung. Mirren und Hopkins spielen diese sonderbare Beziehung glanz- und humorvoll nach.

Der Film bürdet sich nicht das ganze Leben und Schaffen seiner Titelfigur auf, sondern erzählt in vergnüglichem Ton einen kurzen, ereignisreichen Abschnitt daraus. Diese Taktik geht in „Hitchcock“ überraschend gut auf, die Figuren wirken lebendig und überzeugend, selbst wenn sie den Originalen nicht sonderlich ähnlich sehen. Das gilt besonders für Hopkins‘ Spiel: er sieht vielleicht nicht aus wie Hitchcock, aber den Schauspieler Hopkins oder seine berühmten Rollen sucht man in seiner Figur absolut vergebens.

Es schadet sicher nicht, ein bißchen was über des Meisters Filme und seine vermeintliche Obsession mit schönen Schauspielerinnen zu wissen. Aber von seiner ganzen Art her richtet sich der Film – ähnlich wie „My Week With Marilyn“ – an ein breites Publikum. Das erfährt innerhalb der gut 90 Minuten Laufzeit genug über die Figuren und ihre historischen Vorbilder. Das Drehbuch verbindet geschickt Anekdoten der Filmgeschichte (etwa die Entstehung der berühmten Duschvorhang-Szene) mit glaubwürdigen Figurenzeichnungen und starken Dialogen. Wer ein genaues und/oder kontroverses Portrait des Regisseurs sucht, der wird hier nicht fündig. Geboten wird niveauvolle Unterhaltung mit filmgeschichtlichem Hintergrund.

4/5