Filmkritik: „Eine offene Rechnung“ („The Debt“)

http://www.fileserve.com/file/fCTSby3Als großer Fan von Agentenfilmen habe ich mich sehr auf „Eine offene Rechnung“ gefreut. Und der Film hat mich nicht enttäuscht, er bietet so ziemlich alles, was man vom Genre erwarten kann. Die Handlung beginnt in Israel anno 1997 und setzt gleich erstmal ein Ausrufezeichen in Form eines unerwarteten Selbstmords. Dann aber – bevor das Publikum genau weiss, was es damit auf sich hat – setzt erstmal eine etwa einstündige Rückblende ein.

Im Jahre 1966 sind drei junge Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad auf einer heiklen Mission in Ost-Berlin. Der Anführer der Gruppe ist der charismatische Stephan (Marton Csokas). Sein Kollege David (Sam Worthington) und – frisch eingetroffen – die schöne Agentin Rachel (Jessica Chastain) sind unter der Tarnung eines Ehepaares unterwegs. Die drei glauben den berüchtigten Arzt Dieter Vogel gefunden zu haben, der im KZ Ausschwitz-Birkenau unmenschliche Experimente durchgeführt hat. Ihr Auftrag ist es, Vogel nach Israel zu bringen – was nicht so leicht ist. Denn erstmal müssen sie ihn „fangen“ und irgendwie über die Grenze nach West-Berlin schaffen.

[Spoilers]

30 Jahre später sind die drei Agenten (nun gespielt von Tom Wilkinson, Ciaran Hinds und Helen Mirren) wegen ihrer Taten in Israel Volkshelden. Doch über ihrer Operation von damals liegt ein dunkler Schatten, der sie nach all den Jahren heimsucht. Rachel ist längst im Ruhestand und hat eine gemeinsame Tochter mit Stephan – die Ehe der beiden ist allerdings längst kaputt. David hat ist nach jahrelangem Exil gerade erst wieder in sein Heimatland zurückgekehrt.

„The Debt“ mischt in die clever erzählte Agentengeschichte zusätzlich eine ordentlich Portion persönliches Drama, das für zusätzliche Spannung sorgt. Die Szenen mit der jungen Schauspieler-Garde in Berlin erinnern an manchen alten Film des Genres, wie etwa „Der Spion, der aus der Kälte kam“. Insgesamt ist die Story schlüssig, erfindet das Rad allerdings auch nicht neu. Doch die Zutaten stimmen, von der Erzählweise über die Schauspieler bis zu den Schauplätzen – auch wenn gar nicht in Berlin gedreht wurde, sondern (u.a.) in Budapest.

Das zentrale Thema von „The Debt“ ist nicht die Rache eines Volkes an einem fiesen KZ-Arzt (den Jesper Christensen sehr beeinruckend spielt), sondern das moralische Dilemma, in dem sich die drei Hauptcharaktere befinden. Denn die müssen sich an zentraler Stelle entscheiden: zwischen ihrer persönlichen Integrität und den – vermeintlichen – Interessen der Gesellschaft.

4/5