Filmkritik: „Red State“

Mit „Red State“ hat Kevin Smith („Clerks“) einen Film gedreht, der die Erwartungen des Publikums gleich mehrfach unterläuft. Das Geschehen, das irgendwo im konservativen Hinterland der USA spielt, beginnt wie ein klassischer Horrorfilm. Die Highschool-Jungs Travis, Jared und Billy Ray planen einen kleinen Road-Trip zu einer Frau, die ihnen per Internet-Annonce Sex angeboten hat. Das Stadtgespräch – ein extremistischer, schwulenfeindlicher Pfarrer und seine demonstrierenden Jünger – interessiert sie bei diesen Aussichten natürlich nicht im Geringsten.

Kaum sind sie unterwegs kommt es zu einem (folgenschweren) Unfall, bei dem sie ein parkendes Auto rammen. Doch der Besitzer des Wagens hat kein Interesse daran, die Sache schnell aufzuklären, und so fahren die drei erstmal weiter. Es stellt sich raus, dass Sara, die Dame aus der Anzeige, in einem Trailer an einer Landstraße lebt – und nicht gerade die jüngste ist. Gespielt wird sie von Oscar-Preisträgerin Melissa Leo („The Fighter“), als erstes bietet sie den etwas aufgeregten Jungs ein paar Bier zur Entspannung an.

Hier schlägt „Red State“ dann bald den ersten Haken, wobei man das sich entwickelnde Szenario durchaus am Horizont hätte kommen sehen können. Im Mittelpunkt steht nun (Hass-)Prediger Abin Cooper, der vor seiner verschworenen kleinen Gemeinde in einem abgelegenen Anwesen eine Predigt hält. Wie es dann genau weiter geht verrate ich lieber nicht; es macht den Reiz des Films aus, sich überraschen zu lassen. Mit zunehmender Laufzeit entfernt sich der Film vom Horror-Genre, wendet sich anderen Themen (und auch Charakteren) zu und wechselt dabei die Perspektive.

Nicht jede Entwicklung des Films ist in sich logisch, was mich allerdings kaum gestört hat. Denn immerhin kann „Red State“ den Zuschauer tatsächlich hin und wieder im positiven Sinne überraschen – was man über Horror- oder Actionfilme und auch Thriller viel zu selten sagen kann. In christlich-konservativen Kreisen der USA wird sich Smith mit seinem recht drastischen Film wenig Freunde gemacht haben – aber daran wird dem bekanntermaßen liberalen Regisseur von der Ostküste auch nicht viel gelegen haben.

4/5

PS: Der Film wird in Deutschland wohl noch im Laufe des Jahres bei Ascot auf DVD/BluRay erscheinen.