Hereafter – Das Leben danach

Ähnlich wie bei „Black Swan“ hatte ich auch bei „Hereafter“ grundsätzliche Bedenken, was das Thema des Films angeht. Denn das Leben nach dem Tod ist meist Stoff für bestenfalls mäßige Streifen, in denen tote Eltern mit ihren Kindern in Kontakt treten oder dergleichen. Doch wie schon bei dem Oscar-nominierten Ballettfilm hat auch hier die Neugier gewonnen, denn immerhin ist der Film von Clint Eastwood, von dem man mehr als einen lauen Thriller mit übernatürlichen Untertönen erwarten darf.

Einen solchen hat der alte Haudegen auch nicht gedreht, wenngleich die Parapsychologie eine wichtige Rolle spielt. „Hereafter“ folgt drei Figuren, die eigene Erfahrungen mit dem (Nah-)Tod machen, und deren Wege sich am Ende kreuzen. Fernsehjournalistin Marie aus Paris (Cecile de France) kommt bei dem Tsunami von 2004 beinahe ums Leben, den Eastwood in beeindruckenden Bildern – die Effekte sind für den Oscar nominiert – auf die Leinwand bringt. Dabei hat sie eine near death experience, die sie nicht mehr loslässt. Ihre Rückkehr in den gewohnten Beruf gestaltet sich schwierig.

In London verliert Schuljunge Marcus seinen Zwillingsbruder bei einem Unfall, und ist fortan besessen davon noch einmal mit ihm in Kontakt zu treten. In San Francisco hat George (Matt Damon) sein Dasein als Medium, das mit Toten in Kontakt tritt, ad acta gelegt. Sein ‚Talent‘ empfindet er nur noch als Fluch, seine Brötchen verdient er sich lieber als Staplerfahrer.

Eastwood konzentriert sich zunächst auf seine Figuren und die Veränderungen, die ihre Erfahrungen in ihnen auslösen. Marcus, inzwischen bei Pflegeeltern untergebracht, zieht sich in sein Schneckenhaus zurück, ohne die Suche aufzugeben. Marie beginnt ein Buch zu schreiben, hat aber bald etwas anderes im Sinn als die ursprünglich geplante Biographie von Francois Mitterand. George, der bei einem Kochkurs eine nette Frau kennenlernt, wird immer wieder von seinen Fähigkeiten eingeholt.

Das „Hereafter“ des Titels verbindet die drei Stränge, zunächst nur thematisch, gegen Ende auch dramaturgisch. Der Film wirft einen durchaus kritischen Blick auf die Welt der selbsternannten Jenseitsforscher und Scharlatane, stellt dem aber eine – in einer Szene gar wissenschaftlich untermauerte – Theorie entgegen, nach der es tatsächlich ein Jenseits gibt. Lehnt man diese Vorstellung kategorisch ab wird man dem Geschehen nichts abgewinnen können.

Getragen wird die Story von den sehr guten Hauptdarstellern, die zurückhaltend aber eindringlich das Innenleben der Figuren erlebbar machen. Ohne klassischen Hollywood-Glanz und schmeichelnde Beleuchtung kommt auch die Inszenierung aus, die Schauplätze in London und San Francisco sind rustikal bis heruntergekommen, lediglich von Paris sind auch schöne und moderne Ecken zu sehen.

Über die Story kann nicht viel mehr gesagt werden, ohne zuviel zu verraten, selbst wenn es keinen „großen Kniff“ gibt, der am Ende alles in neuem Licht erscheinen lässt. Wer sich für das Thema – oder wie der Autor dieser Zeilen eher für die filmische Umsetzung – interessiert, der wird sicher nicht enttäuscht werden. Wobei man keine ausgefallen Visualisierungen des Jenseits erwarten sollte: „Hereafter“ findet zwar stimmige Bilder, überlässt die Details aber der Phantasie des Publikums. Wie gewohnt hat Regisseur Eastwood dabei seine Geschichte fest im Griff. Lediglich ganz kurz vor dem Abspann gehen die Pferde (oder besser die Geigen) mit ihm durch, was den Film als ganzes aber nur leicht ‚beschädigt‘.

4/5