Watchmen

Die Vorlage dieser Comic-, entschuldigung, Graphic Novel-Verfilmung gilt unter Fans als vielleicht beste ihrer Art. Wie das mit Comics, entschuldigung, Graphic Novels nun mal so ist, habe ich sie nicht gelesen, und kann also nicht beurteilen ob der Film seiner Vorlage gerecht wird. Eins jedoch ist ganz sicher, der Film schlägt einen völlig anderen Ton an als die übrigen Superhero-Filme der letzten Jahre und hat Ambitionen, das Genre über die gängigen Heldengeschichten hinaus (mit zweiflerischen Untertönen a la „Batman“ oder „Spiderman“) auf ein neues Level zu hieven.

Herausgekommen ist ein wahres Monster von einem Film, zweieinhalb Stunden düstere Paranoia in einem Szenario anno 1985 mit Richard Nixon in seiner 4. Amtszeit, einem beinahe eskalierenden Kalten Krieg, heruntergekommenen Städten, und einer stimmungsvollen, rätselhaften Story um die Morde an einigen ehemaligen Superhelden der „Watchmen“. Nach einem furiosen Vorspann setzt die Story mit dem Mord am „Comedian“ ein, der unsanft aus seiner Wohnung geworfen wird und dessen plötzliches Ableben seinen ehemaligen Kollegen zu denken gibt. Vor allem der maskierte Rorschach versucht Licht in die Angelegenheit zu bringen, doch es soll einige Zeit dauern, bis er gemeinsam mit seinen Ex-Kollegen auf des Rätsels Lösung kommt.

Die Story entfaltet sich dabei gemächlich, nimmt sich Zeit für Hintergründe und Eigenheiten der Charaktere, ohne dabei jemals zäh oder gar langweilig zu werden. Es gibt immer etwas spannendes zu sehen oder hören auf der Leinwand. Die Special-Effects sind richtig gut umgesetzt und eingebaut, jede Szene und jedes Set genau durchgeplant. Und ebenfalls ein Novum im Genre – es gibt eine (recht explizite) Sexszene, die man sich bei „Spiderman“ oder auch den „X-Men“ so nicht vorstellen könnte. Unter anderem dafür musste „Watchmen“ ein „R“-Rating (ab 16) in Kauf nehmen, was dem Umsatz meist nicht förderlich ist.

„Watchmen“ setzt auf starke Schauspieler, aber nicht auf große Stars, was der Eigenständigkeit der Figuren zugute kommt. Aus dem starken Ensemble ragen Jackie Earle Haley als Rorschach („I’m not locked in here with you. You’re locked in here with me!“), Billy Crudup als „blue man“ Dr. Manhattan und Jeffrey Dean Morgan als Comedian heraus. Der Soundtrack enthält einige der ganz großen Klassiker der 60er Jahre („All Along the Watchtower“, „Sounds of Silence“), wobei vor allem „The Times are a-changing“ im Vorspann perfekt eingesetzt ist.

Weniger gelungen finde ich dagegen die Szenen auf dem Mars, die extrem künstliche CGI-Ästhetik will nicht so richtig zur ansonsten finsteren Bildsprache passen. Der scharfe Kontrast ist zwar eindeutig gewollt, erzielt aber nur bedingt den gewünschten Effekt. Auch das Finale im ewigen Eis ist nicht mein Favorit, es erinnert einfach überdeutlich an viele andere Comic-Endszenen und ist daher visuell etwas beliebig – auch wenn es storymäßig gut passt.

Ob man aus der Vorlage noch mehr hätte rausholen können kann ich – wie oben bereits gesagt – nicht beurteilen. Regisseur Zack Snyder gelang vor zwei Jahren mit „300“ ein riesiger Hit, ich wage mal zu bezweifeln, dass er kommerziell mit den „Watchmen“ daran anknüpfen kann. Bemerkenswert ist jedoch wie Snyder nach dem überladenen, zum Teil höchst albernen Kämpfer-Pathos von „300“ beweist, dass er auch ernsthafteren Stoff beherrscht. Ein Meisterwerk ist ihm dabei zwar nicht gelungen, aber sicherlich einer der interessantesten und trotz der sperrigen Story unterhaltsamsten Filme des Jahres. Der Gang ins Kino lohnt sich.

4/5

Edit: Der Film ist auch beim zweiten Mal noch die Reise wert. Da tauchen noch ein paar nette Details auf, und auch das politische Hintergrundszenario wird etwas deutlicher. Das Ende ist leider, aber wenig überraschend, immer noch zu lang. Was mir außerdem auffiel: mit der FSK-Freigabe ab 16 ist der Film noch gut bedient, da hätte vor einiger Zeit geschnitten werden müssen.