Operation Walküre (Valkyrie)

Kaum ein Filmprojekt der letzten Jahre hat mehr Schlagzeilen gemacht als dieses. Proteste gegen den Dreh im Berliner Bendler-Block, Proteste gegen den Scientologen Tom Cruise als Besetzung für Graf von Stauffenberg, zerstörtes Filmmaterial, Klage von verletzten Statisten, Nachdrehs, Verschiebung des Starttermins – und nicht zu vergessen zahlreiche Unkenrufe und Verrisse des Films, bevor ihn eigentlich jemand gesehen hatte. Nun ist er auch in Deutschland angelaufen, begleitet von moderaten Protesten und mit anständigen Besucherzahlen.

Es sei gleich vorweg gesagt, „Walküre“ ist kein schlechter Film und Tom Cruise auch keine peinliche Fehlbesetzung. Regisseur Bryan Singer („Usual Suspects“, „X-Men“) hat die Geschichte vom gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler als soliden Politthriller (besser gesagt „Militärthriller“) inszeniert, der trotz des mehrheitlich – zumindest hierzulande – bekannten Ausgangs der Story eine beachtliche Spannung aufbaut. Ausstattung, Kulissen und auch Besetzung sind äußerst gelungen – sofern man sich daran gewöhnen kann, dass 80 % der Figuren von englischsprachigen Schauspielern besetzt wurden. Es gibt wenige pathetische Reden oder over-the-top-Momente, dafür fährt der Score des Films in den entscheidenden Szene ganz mächtig auf.

Für jemanden, der von der Story – wie der Autor dieser Zeilen – nur die Rahmendaten kannte, bietet „Walküre“ eine interessante Geschichtsstunde, gerade was den über das bloße Attentat auf den Führer hinausgehenden Putschversuch angeht. Zwar haben, wie es so üblich ist, jede Menge Historiker genörgelt, es würden hier und da Tatsachen und Details verdreht oder erfunden. Für den geschichtsinteressierten Ottonormalverbraucher ist das aber von geringer Bedeutung, denn trotz dieser künstlerischen Freiheiten überwiegt eindeutig der Mehrwert.

Ob der Film im Rest der Welt das Bild der Deutschen verändern wird ist bestenfalls unklar. Verkehrt kann es aber so oder so nicht sein, wenn die „Operation Walküre“ ein größeres Publikum erreicht. Wobei auch zu bemerken ist, dass der Film nicht in alberne Heldenverehrung verfällt. Die Verschwörer verstehen sich als Patrioten, die das Wohl des Landes im Auge haben und Hitlers Sturheit/Realitätsverlust beenden wollen. Nur am Rande wird mal erwähnt, dass Konzentrationslager geschlossen werden sollen, in erster Linie geht es darum das „deutsche Vaterland“ zu retten und dem Rest von Europa die ultimative Katastrophe zu ersparen. Glaubt man Tom Cruise, der hier auch als Produzent maßgeblich beteiligt war, gibt es den Film vor allem deshalb, weil er die Geschichte gut und spannend fand. Einen besseren Grund braucht es auch nicht.

4/5

PS: Anmerkungen zu den Sprachfassungen: Ich habe den Film auf englisch gesehen und bin daher in den „Genuss“ der Originaldialoge gekommen – schließlich wurde das Script auf englisch verfasst. Den Spagat zwischen der Hauptsprache und einigen deutschen Begriffen ist ganz gut gelungen. Ein weiterer Vorteil ist wie üblich, dass im Vergleich zur Synchronfassung die Darstellerleistungen besser rüberkommen (davon geh ich jetzt einfach mal aus, ist ja der Normalfall). Angesichts der Tatsache, dass im Film fast ausschließlich deutsche Charaktere vorkommen hat aber sicher auch die deutsche Fassung Vorteile. Immerhin ist man es aus Dokumentationen oder anderen Filmen eben gewöhnt, dass die Nazis deutsch gesprochen haben – da ist ein englisch sprechender Führer schon eine Kuriosität…

PPS: Wer sich näher mit der Materie beschäftigen will, der lese hier weiter…