The Last Kiss

In Tony Goldwyns „The Last Kiss“ ist schnell klar worum es geht. Als Kind, so verrät uns Michael (Zach Braff) per Off-Kommentar, hat er sich immer gewünscht mit 30 Jahren einen guten Job zu haben, Zeit mit seinen Freunden von früher zu verbringen und eine wunderbare Frau an seiner Seite zu haben. Und das alles ist auch eingetreten, aber Michael fühlt sich eher erdrückt und gefangen als glücklich. Im weiteren Verlauf des Films soll sich also klären, ob er mit seiner schwangeren Freundin Jenna (Jacinda Barrett) eine Familie gründen wird, oder eben nicht.Wie schon in „Garden State“ spielt Zach Braff einen recht stillen, aber witzigen Typen, der sich mit einer neuen Situation anfreunden muss. Die ungeplante Schwangerschaft seiner Freundin zementiert quasi die Tatsache, daß Michael nun endgültig zu den Erwachsenen zählt. Mit der Konsequenz, daß z. B. die Eltern von Jenna von ihm auch entsprechendes, will sagen reifes und vernünftiges, Verhalten einfordern. Wie es der Zufall (oder besser das Drehbuch) so will, läuft ihm genau in diesem Moment die attraktive Studentin Kim (Rachel Bilson) über den Weg, die ihm auf recht direkte und sehr charmante Art zu verstehen gibt, daß sie „interessiert“ ist.

Mit seinen Problemen ist Michael aber nicht alleine. Sein Kollege Chris (Casey Affleck) ist bereits einen Schritt weiter, seine ersten Monate als Familienvater und Ehemann sind ein komplettes Desaster. Dann wäre da noch Kenny, der sich die Zeit mit One-Night-Stands vertreibt, und Izzy, der über die Trennung von seiner Freundin einfach nicht hinweg kommt. Diese Charaktere sind nicht uninteressant und werden von ihren Darstellern auch überzeugend gespielt. Leider vernachlässigt der Film sie mit zunehmender Laufzeit zu Gunsten der zentralen Story um Michael und Jenna.

Das größte Problem von „The Last Kiss“ sind weder die Schauspieler noch die Dialoge, sondern vielmehr ein ziemlich laues Drehbuch. Insgesamt ist die Story zu vorhersehbar, frei von Überraschungen oder dramatischen Wendungen. Stattdessen bietet es dem Zielpublikum der 20 bis 35-jährigen eine beinahe gefällige Geschichte ohne ernsthafte Ecken und Kanten. Für ein Drama fehlt es schlicht an Dramatik, für eine Komödie aber ist der Ton zu ernst. Gegen dieses Dilemma kann auch die gute Besetzung nicht anspielen.

Ein paar gute Ansätze sind also durchaus vorhanden, weshalb „The Last Kiss“ auch keineswegs ein schlechter Film geworden ist. Doch fehlt ihm eindeutig das gewisse Etwas. „Garden State“ etwa bot eine charmantere Geschichte mit mehr Witz und Tiefgang, „The Rules of Attraction“ konnte mit seiner zynischen Darstellung einer Generation ernsthaft provozieren. Hier aber wurde irgendwie für alles der kleinste gemeinsame Nenner gesucht und gefunden. Mit dem Ergebnis, daß der Film wohl den allermeisten Leuten ganz gut gefällt, aber niemanden wirklich begeistern kann.

6/10