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Brothers GrimmTerry Gilliam hat es lange probiert, am Ende ist es nichts geworden mit seiner Verfilmung des Don Quichote. Naturkatastrophen, Krankheiten, es ging über Jahre alles schief beim Dreh. Deshalb hier erstmal die Empfehlung sich irgendwo den Dokumentarfilm Lost in La Mancha zu besorgen, der das Scheitern dieses Projekts eindrucksvoll dokumentiert.

Statt Windmühlen gibt es also nun Märchen. Dabei ist der Film weder eine Biographie der namensgebenden Brüder noch eine getreue Nacherzählung eines ihrer Märchen. Gilliam schmeißt seine Grimms, verkörpert von Matt Damon und Heath Ledger, ins von Napoleon besetzte Deutschland und zeigt sie zunächst als Scharlatane. Mit allerhand Gerät jagen sie Dorfbewohnern Angst ein, um sich dann als Retter in der Not zu verkaufen.

Damit ecken sie jedoch bei Hofe an und sehen sich bald genötigt einer wirklichen düsteren Mär auf den Grund zu gehen. Dabei spielt eine greise Königin ebenso eine Rolle wie andere Versatzstücke Grimmscher Bauart. Bei allem Einfallsreichtum und visueller Strahlkraft verläuft sich dabei leider die Handlung im Ungefähren und gerät, sicher nicht ganz unabsichtlich, zur Farce. In einer vortrefflichen Nebenrolle stiehlt Peter Stormare als kauziger italienischer Edelmann dem Rest der Darsteller weitgehend die Schau. Mal mit solidem Slapstick und auch Dialogwitz, mal mit einer Prise Horror und Action fließt der Plot so dahin. Wirklich überzeugen kann keines der zahlreichen Elemente, immerhin bleibt aber der Unterhaltungswert durchgehend hoch. Nach dem Desaster seines Traumprojektes sind hier wohl die Pferde mit Terry Gilliam durchgegangen, und wer will ihm das schon ernsthaft verübeln.

6/10

Neues auf DVD:

Wonderland

Val Kilmers Karriere ging seit Mitte der 90er Jahre den Bach runter, noch bevor sie richtig angefangen hatte. Nach seinem starken Jim Morrision in Stones The Doors gab er einen miesen Bruce Wayne in einem noch mieseren Batman. Seitdem mal Nebenrollen in besseren oder auch Hauptrollen in mäßigen Filmen. Doch seit The Shalton Sea und dem von mir so hoch geschätzten Spartan geht es bergauf. Kilmer ist in Würde ein wenig älter und dabei ein durch reine Körpersprache sehr ausdrucksstarker Schauspieler geworden, dem niemand mehr mangelnde Begabung attestiert. Seit dieser Woche ist er an der Seite von Robert Downey Jr. im hoch gelobten Kiss Kiss Bang Bang mal wieder im Kino zu sehen. Dazu demnächst mehr. Davor spielte er in diesem Film von James Cox den legendären Pornostar John Holmes.

Doch im Jahre 1981, zur Zeit der Handlung von Wonderland, ist Holmes kein Star mehr. Abgewrackt, drogensüchtig und haltlos irrt er durch die Halbwelt von Los Angeles und bekommt kein legales Bein mehr auf den Boden. Laut Vor und Abspann haben sich die Ereignisse, die hier erzählt werden, wirklich zugetragen. Im Zentrum des Geschehens steht ein Raubüberfall auf einen Gangster-Boss, den einige Jungs aus Holmes Bekanntenkreis um einen Batzen Kohle und einen Haufen Koks erleichtern. Die große Frage lautet nun: Wessen Idee war das, und wer hat welche Rolle dabei gespielt? Denn kurz nach dem Überfall sterben die ersten Beteiligten eines unnatürlichen Todes. Der Rest der Clique ist bald so besorgt um seine Haut, dass sogar ein klärendes Gespräch mit den Cops zur Alternative wird.

Als erster erzählt der Biker Lind seine Version der Geschichte, die der Film sogleich als Variante Nummer eins der Vorfälle anbietet. Die Polizisten haben so ihrer Zweifel. Dann ist Holmes selbst an der Reihe. Seine Ehefrau kommt ins Spiel, ebenso seine junge Geliebte. Natürlich liegt die Schuld im zweiten Anlauf ganz woanders. In einer Mischung aus Die üblichen Verdächtigen und Rashomon vermengen sich Dichtung und Wahrheit. Wonderland fordert schon einige Aufmerksamkeit von seinem Publikum bei der Suche nach dem wahren Hergang der Ereignisse. Doch das Puzzle ist sehr gut inszeniert, unterlegt mit einem wunderbar zeitgemäßen Soundtrack zieht der Film mit seiner ungestümen Art das Publikum mitten in die Geschichte herein. Selten kann man den Bildern vertrauen, immer schwingt ein bisschen Skepsis mit, doch passt diese Stimmung hervorragend zur rauschhaften, von zwielichtigen Typen bestimmten Geschichte. Ein Meisterwerk ist der Film deshalb noch nicht, ein atmosphärisch dichtes, wildes und gut gespieltes Stück Kino jedoch umso mehr.

7/10

Unleashed – Entfesselt

In der europäischen Kinolandschaft ist Luc Besson ein Phänomen. Seit einigen Jahren produziert er Mainstreamkino amerikanischen Zuschnitts, jedoch meist in Europa spielend und mit einer multinationalen Besetzung. So brachte er den unseligen Transporter auf den Weg, der immerhin so erfolgreich war, dass Teil zwei demnächst anläuft. Ebenfalls auf den Mist des Regisseurs von Leon Der Profi gewachsen ist auch das neueste Actionvehikel des Martial-Arts-Stars Jet Li. Mit Morgan Freeman und Bob Hoskins sind zwei weitere prominente Namen dabei, die Geschichte spielt in Glasgow.

Das Szenario ist düster, zynisch und brutal. Gangsterboss Bart hält sich Danny (Jet Li) wie einen Kampfhund. Schon als Kind hat er ihn zur Killermaschine dressiert, nun hockt er stoisch vor sich hin blickend in seinem Käfig. Es sei denn, sein Herrchen muss mal wieder Schulden eintreiben, dann wird Danny the Dog von der Leine gelassen, vom Halsband befreit und metzelt mühelos Dutzende Gegner nieder. Ein Autounfall bringt die Dinge aus dem Gleichgewicht, Danny findet Unterschlupf im Hause des blinden Klavierstimmers Sam, gespielt von Morgan Freeman, und dessen Adoptivtochter Victoria.

Regisseur Louis Leterrier hat seine Actionsequenzen dynamisch und eindrucksvoll in Szene gesetzt, ohne sich jedoch in die erste Liga der Actionkünstler zu katapultieren. Li agiert gewohnt flink, die Schlägertypen brechen sich mal wieder alle Knochen. Doch dann kommt Dannys Verwandlung, seine verspätete Menschwerdung, und die birgt so ihre Probleme. Die Gesetze der Logik und der Realismus treten sehr arg in den Hintergrund zugunsten einer gut gemeinten, aber bemerkenswert naiven Story einer verlorenen Seele. Die muss natürlich entdeckt, gerettet und geheilt werden. Sam und Victoria bedienen sich der Musik und der Nächstenliebe um Danny zurück ins normale Leben zu holen. Jet Li tut nicht viel mehr als stumm und verstört dreinzublicken, sich all die wohlmeinenden Worte seiner Ersatzfamilie anzuhören, sie nachzusprechen und generell das Beste draus zu machen. Ein simpleres Menschenbild war selten auf der Leinwand zu sehen.

Bevor es aber zum Happy End kommen kann, funkt Bart noch einmal kräftig dazwischen. Obwohl Hoskins ein fähiger Schauspieler ist, ist seine Rolle ein klares Minus und fällt in die Kategorie Langweilige Bösewichter. Und zwar deshalb, weil er einfach nur böse ist. Als Danny ihm anfangs das Leben rettet, ist er ungehalten, dass er auf dem Weg dahin ein paar Schrammen kassieren muss. Schließlich lässt er ihn in illegalen Kämpfen auf eine Horde wilder Killer los, um noch ein bisschen Geld mit ihm zu verdienen, danach geht es zurück in den Käfig. Überzeugende Schurken aber sollten immer ein wenig menschlich sein, nur das macht sie plausibel und überzeugend. Wahrscheinlich ist auch den Machern dieses Films aufgefallen, dass ihr Szenario an Zynismus und Unmenschlichkeit eingangs kaum zu überbieten ist und steuerten dem dann mit allerlei Eisessen und Klavierspielen entgegen. Da geben sich die Schauspieler zwar alle Mühe, können aber gegen den B Movie Charakter des Streifens in letzter Konsequenz nichts ausrichten.

4/10